Wer eine denkmalgeschützte Immobilie besitzt, muss sich jede Baumaßnahme genehmigen lassen. Dafür gewährt der Staat gelockerte Energievorschriften und finanzielle Vorteile.
Text: Stefanie Hutschenreuter
Für Tina und Kay Andresen war es Liebe auf den ersten Blick. Der ehemalige Bahnhof in ihrem Heimatdorf Wallsbüll in Schleswig-Holstein hatte es ihnen schon lange angetan. Als er zum Verkauf stand, war klar: Sie würden ein Kaufgebot abgeben – auch wenn nach einem Brand vom einstigen Charme des 1888 erbauten Bahnhofs nicht mehr viel übrig war.
Die beiden erhielten den Zuschlag und kauften die Brandruine 2020 zum Grundstückspreis. Ihr Plan: den historischen Bahnhof zu Ferienwohnungen umzubauen. Voller Tatkraft machten sie sich ans Werk. „Wir hatten auch Lust auf Denkmalpflege“, erzählt Kay Andresen. Dass es jedoch viereinhalb Jahre dauern würde, bis die ersten Urlauber im Bahnhof einziehen würden, ahnten sie damals nicht. „Es war schon irre viel Arbeit“, erinnert sich das Ehepaar. Weder von den Strapazen noch von einem erneuten Brand während der Umbauphase ließen sie sich jedoch entmutigen, sodass der Bahnhof heute zwei urgemütliche Ferienwohnungen beherbergt.
Der Reiz des Außergewöhnlichen
In einem Baudenkmal zu leben, ist etwas Besonderes. Vor allem, wenn es ursprünglich gar nicht zum Wohnen gedacht war, etwa ein Leuchtturm, eine Industriehalle oder eine Kirche. „Im unkonventionellen Wohnambiente liegt für die meisten wohl der spezielle Reiz eines Denkmals“, sagt Maximilian Hauß, der mit seinem Bruder Matthias ein Architekturbüro in Dachau führt. Allerdings ist nicht jedes alte oder umgenutzte Gebäude ein Baudenkmal. Darüber entscheidet die Denkmalbehörde des jeweiligen Bundeslandes. Sieht sie das Gebäude als schützenswert an, trägt sie es in eine öffentliche Denkmalliste ein. Die ist in vielen Bundesländern online einsehbar.

Ein Baudenkmal ist ein Stück historische Baukultur, an dessen Fortbestand ein öffentliches Interesse besteht. Eigentümer sind somit verpflichtet, es zu erhalten. Das heißt, ein solches Gebäude darf nicht einfach wie gewünscht umgebaut und verändert werden. Jede Veränderung muss bei der zuständigen Unteren Denkmalschutzbehörde beantragt werden. Nur mit dem behördlichen Okay dürfen Eigentümer zum Beispiel mit der Sanierungsmaßnahme starten. Eine Zuwiderhandlung kann richtig teuer werden: Die Behörde kann einen Rückbau fordern oder Bußgelder verhängen.
Kontakt zur Denkmalbehörde suchen
Kay Andresen empfiehlt Interessenten, sich vor dem Erwerb mit der Denkmalschutzbehörde in Verbindung zu setzen, denn: „So kann man früh klären, ob die eigenen Wünsche überhaupt umsetzbar sind. Hilfreich ist auch, sich dann schon zu erkundigen, was förderfähig wäre.“ Auch Steffen Skudelny, Vorstand der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, rät, „nicht vor lauter Begeisterung überstürzt loszulegen, sondern lieber vorher gut zu planen“. Das schont nicht nur die Nerven, sondern spart auch Geld, weil nur mit guter Planung Steuerersparnisse und Fördermittel optimal ausgeschöpft werden können.
Eine gute Planung fängt schon bei der Besichtigung vor dem Kauf an. Dazu holt man sich am besten eine fachkundige Person an die Seite, denn gravierende Schäden an der Bausubstanz wie Holz zerstörenden Pilzbefall erkennt meist nur das geschulte Auge.
Solche Sanierungsfälle können mit sechsstelligen Summen schnell das Baubudget sprengen. Als fachliche Begleitung eignen sich Energieeffizienzexperten für das Baudenkmal. An sie muss man sich auch wenden, wenn man Fördermittel aus der Bundesförderung für effiziente Gebäude beantragen möchte. Im Internet lässt sich gezielt unter www.energie-effizienz-experten.de nach Experten mit der Zusatzqualifikation suchen. Aber auch die behördlichen Denkmalpfleger vermitteln Fachleute, vom Bausachverständigen bis zum Handwerker, der sich mit traditionellen Baumethoden auskennt.
Immer für Überraschungen gut
Komplette Kostensicherheit zu erlangen, sei beim Baudenkmal dennoch häufig nicht möglich, wie die Architekten Hauß betonen, denn alte Gemäuer bergen viele Geheimnisse. Auch Kay Andresen hat diese Erfahrung gemacht: „Man kauft die Katze im Sack. Wir konnten zum Beispiel nicht in die Balkenlage gucken und waren sehr froh, als sich herausstellte, dass da keine großen baulichen Schäden vorhanden waren.“ Einen finanziellen Puffer für derartige Überraschungen einzuplanen, ist daher wichtig.
Darüber hinaus sind bei der Sanierung einer denkmalgeschützten Immobilie individuelle Lösungen gefragt. Moderne Baumaterialien sind tabu. Das verursacht Mehrkosten. Das Ehepaar Andresen hatte seinen Bahnhof in Absprache mit dem Denkmalschutzamt komplett entkernt und dabei alle Baustoffe, die nicht aus der Bauzeit stammten, entfernt. Mineralwolle, Asbest und giftige Anstriche wichen; historische Bauteile wie Balken, Türen und Treppen blieben.

Beim Wiederaufbau setzten die Eheleute auf ökologische Materialien: eine Dämmung aus Seegras, Lehmputz an den Wänden und vom Tischler originalgetreu nachgebaute Holzfenster. „Kunststofffenster hätten nur die Hälfte gekostet“, erläutert der Bauherr.
In den Lehmputz der Außenwände bauten sie eine Erdgas-Wandheizung ein. „In der Denkmalpflege hat man einen Vorteil: Man muss das Gebäudeenergiegesetz nicht einhalten“, sagt Kay Andresen. Ohnehin ist man beim Verbessern der Energieeffizienz im Denkmal eingeschränkt. Außendämmung, Fenstertausch und Photovoltaikanlagen genehmigen die Behörden meist nicht, weil sie das Erscheinungsbild beeinträchtigen. Vieles liegt aber auch im Ermessen und an den Erfahrungen der zuständigen Gebietsreferenten. „Je höher das Interesse einer weiteren Nutzung des Denkmals ist, desto eher zeigt man sich im Dialog kompromissbereit“, weiß Matthias Hauß.
Fördertöpfe für Denkmalerhalt
Mit Fingerspitzengefühl können aber auch Baudenkmäler energetisch auf Vordermann gebracht werden. Fördergelder gibt es ebenfalls. Die KfW etwa unterstützt eine energieeffiziente Sanierung mit zinsgünstigen Krediten und den Austausch der Heizung mit Zuschüssen. Das Bafa vergibt Zuschüsse für andere Einzelmaßnahmen wie die Erneuerung der Fenster. Für Baudenkmäler gelten dabei immer geringere Förderanforderungen als üblich.
Auch private Institutionen vergeben Fördermittel, etwa die Deutsche Stiftung Denkmalschutz. „Jedes Jahr unterstützen wir rund 600 Projekte bundesweit, darunter auch kleine Bauernkaten oder normale Bürgerhäuser“, so Steffen Skudelny. Den größten Vorteil ziehen Denkmaleigentümer aber meist aus Steuervergünstigungen (siehe Kasten links). Diese Finanzspritze nutzen auch die Andresens.
Praktische Tipps
Online auf die Suche gehen: Interessiert am Kauf eines Baudenkmals? Einige Landesämter für Denkmalpflege unterhalten im Internet Denkmalbörsen mit Objekten, die aktuell zum Verkauf stehen.
Rüstzeug zu Denkmalthemen aneignen: Die Denkmal-Akademie der Deutschen Stiftung Denkmalschutz bietet teils kostenlose Online- und Präsenzseminare, die zu vielen Fragen der Denkmalpflege informieren.
Denkmal-AfA spart Geld
Der Staat entlastet Eigentümer von Baudenkmälern mit Steuervorteilen.
Wer ein Baudenkmal sein Eigen nennt, kann den Erhaltungsaufwand steuerlich abschreiben. Möglich macht das die Absetzung für Abnutzung, kurz AfA, sofern die Denkmalbehörde eine Sanierung genehmigt hat. In welcher Höhe und über wie viele Jahre man die Kosten für Renovierung und Instandhaltung abschreiben darf, hängt davon ab, ob das Gebäude selbst genutzt oder vermietet wird. Selbstnutzer dürfen jährlich 9 Prozent der Kosten bei der Einkommensteuer geltend machen, und zwar über zehn Jahre. Kapitalanleger können die Steuerersparnis zwölf Jahre lang nutzen – acht Jahre lang mit je 9 Prozent, vier Jahre lang mit je 7 Prozent – und so sogar 100 Prozent der Kosten geltend machen. Zudem können sie auch die Anschaffungskosten der Immobilie abschreiben.
„Keine Angst haben“

Lennart Feldmann ist Energieeffizienzexperte und Vorstandsmitglied im Energieberaterverband GIH. Er sieht große Vorteile bei der Modernisierung von Baudenkmälern.
Mein Lübecker: Denkmalschutz und Klimaschutz: Widerspricht sich das nicht?
Feldmann: Ganz klar nein. Allein schon wegen der grauen Energie, die in historischen Gebäuden gebunden ist. Es ist sicherlich deutlich nachhaltiger, Gebäude zu erhalten, als sie abzureißen und neu zu bauen. Außerdem lassen sich auch Baudenkmäler energetisch ertüchtigen. Jedes Gebäude lässt sich mindestens zum förderfähigen KfW-Effizienzhaus Denkmal sanieren.
ML: Was bedeutet das?
Feldmann: Ein Effizienzhaus ist ein energetischer Standard. Bewertet wird anhand von zwei Kriterien: der thermischen Gebäudehülle und der Anlagentechnik. Bei der Verbesserung der Gebäudehülle sind wir beim Baudenkmal häufig eingeschränkt. So würde niemand eine Dämmung auf eine barocke Fassade packen wollen. Bei der Effizienzhausstufe Denkmal sind die Anforderungen an die Gebäudehülle daher niedrig. Das bedeutet: Wer auf Anlagentechnik mit erneuerbaren Energien setzt, erreicht relativ einfach den Status Effizienzhaus Denkmal.
ML: Aber auch Solaranlagen verändern das Erscheinungsbild und werden oft abgelehnt.
Feldmann: Das hängt vom Einzelfall ab. Manche Landesdenkmalämter genehmigen Anlagen, wenn sie reversibel sind oder transparente Photovoltaikfolien auf die Originaldachdeckung aufgebracht werden. Grundsätzlich wächst jedoch bei den Denkmalbehörden die Akzeptanz fürs Thema erneuerbare Energien.
ML: Was raten Sie Menschen, die mit dem Kauf eines Baudenkmals liebäugeln?
Feldmann: Man muss keine Angst davor haben. Wichtig ist nur, dass sie sich ein gutes Team mit Sachverstand zusammenstellen, das so ein Vorhaben begleiten kann.
Fotos: Heiner Seemann/Grautonstudio Schafflund, Linc Thelen Design, Studio157