Technologie bewegt die Aktienmärkte

Apple, Amazon und Co. feiern ein glanzvolles Comeback an der Börse. Doch viele Anleger fragen sich, ob sich der Kurshöhenflug 2024 fortsetzen kann. Was den Erfolg der Tech-Konzerne ausmacht.

Text: Thomas Luther

An der New Yorker Wall Street hat ein exklusiver Zirkel seit einigen Monaten Zulauf: der Klub der Billionäre. Dabei gibt es für ihn keine Adresse. Es reichen auch weder Jachten noch Villen oder Privatjets, um dort Mitglied zu werden. Wer die Eintrittskarte lösen will, muss ein Unternehmen mit mehr als 1 Billion US-Dollar Börsenwert sein. Apple, Amazon, Microsoft und der Google-Mutterkonzern gehören schon länger dazu. Mitte 2023 hat sich der Chiphersteller Nvidia hinzugesellt. Und mit dem Facebook- und Instagram-Konzern Meta hat es kürzlich der nächste Kandidat in den Klub geschafft.

Internet- und Technologieaktien hatten zeitweilig zu kämpfen an der Börse. Die Zinserhöhungen der Notenbanken hatten zwischenzeitlich für Kursverluste gesorgt. Doch seit 2023 erleben die großen US-Konzerne ein Comeback. Längst haben die Kurse die Einbrüche wettgemacht und setzen ihren jahrelangen Höhenflug fort.

Rückenwind durch KI

Gute Perspektiven, aber auch Kursschwankungen und das Risiko herber Verluste: Das macht den Charakter von Technologieaktien aus. Anlegern, die früh investiert haben, hat das teilweise hohe Gewinne beschert. Eindrucksvolles Beispiel: Nvidia. Die Aktie des Herstellers von Chips für digitale Grafikanwendungen wurde 1999 für 12 US-Dollar pro Stück an der Börse eingeführt. Heute kostet das Papier mehr als 600 Euro – trotz diverser Aktiensplits, die den Kurs rein rechnerisch senkten. Allein im Januar 2024 legte er um fast 30 Prozent zu.

Das Thema Technologie ist an den Börsen bis auf die Phase der starken Zinserhöhungen durch die Notenbanken seit Jahren in Mode. Durch die Fortschritte rund um künstliche Intelligenz (KI) haben die Kurse zusätzlich Rückenwind bekommen. Experten überschlagen sich mit optimistischen Prognosen zu den Einsatz- und Entwicklungsmöglichkeiten der neuen Technologie – sei es in der Analyse großer Datenmengen, in der Robotertechnik oder der Vernetzung von Geräten (IoT).

So rechnet etwa das Marktforschungsunternehmen Markets and Markets in einer Ende 2023 veröffentlichten Studie damit, dass das globale Marktvolumen für KI-Anwendungen bis 2030 um durchschnittlich 37 Prozent pro Jahr von derzeit rund 150 Milliarden auf 1,3 Billionen US-Dollar zunehmen wird.

Die Großen auf Wachstumskurs

Viele Technologieunternehmen nehmen nun Milliarden in die Hand, um KI-basierte Produkte und Services zu entwickeln. Der Vorteil der etablierten Tech-Giganten dabei: solide Bilanzen und prall gefüllte Kassen. So hat Smartphone- und Computerhersteller Apple allein im vierten Quartal des Geschäftsjahres 2023 aus 89,5 Milliarden US-Dollar Umsatz rund 27 Milliarden US-Dollar Betriebsgewinn gemacht.

„Die marktbeherrschenden US-Unternehmen werden ihr Wachstumstempo sicherlich auf absehbare Zeit halten können, weil sie nicht nur in ihre starken Marken, sondern auch stetig in neue Anwendungen und die Verlängerung ihrer Wertschöpfungskette investieren“, sagt Gunnar Heinze, der bei der Sparkassenfondsgesellschaft Deka mehrere Technologiefonds managt, unter anderen den Deka-Technologie (siehe Interview).

Auch im Automobilbau dominieren zunehmend Softwareentwicklung und Chipleistung.

Hohe Innovationsfähigkeit, gepaart mit starker Marke und dominierender Marktstellung: Das macht es Wettbewerbern schwer, den Platzhirschen Marktanteile abzujagen. Doch ein Blick zurück zeigt: Unangreifbar sind die Großen nicht. In der Vergangenheit gab es immer wieder Phasen, in denen der Wettbewerbsdruck auf einzelne Konzerne – auch durch vorausgegangene Fehlentscheidungen – zunahm. „Aber bislang haben die Managements dieser Konzerne gezeigt, dass sie in der Lage sind, flexibel zu reagieren und Schwächen auszubügeln“, hebt Heinze hervor. „Letztlich aber ist kein Geschäftsmodell sakrosankt.“

Daher hält er es schon aus Gründen eines gut diversifizierten Portfolios für keine gute Idee, nur in Aktien der ganz großen Tech-Konzerne zu investieren. Aktienfonds können zwar auch zum Verlust eingesetzten Kapitals führen, streuen das Risiko allerdings breiter. Wie viele andere Anlageexperten nimmt Heinze dabei auch die zweite Reihe der Technologiewerte in den Fokus.

Sein Blick geht dabei nicht nur in Richtung USA. Auch außerhalb des Silicon Valleys finden sich viele Aktien, die am KI-Boom potenziell partizipieren, weil sie die Nachfrage auf der nächsten Stufe mit konkreten Anwendungen und Services bedienen. Ein Beispiel: die Anbieter von Software zur Steuerung und Kontrolle von Prozessen in Unternehmen. Dazu gehören etwa US-Konzerne wie Salesforce und Oracle, aber auch SAP in Deutschland. Kein großes Unternehmen kommt ohne diese betriebliche Standardsoftware aus. Mit KI haben die Softwarekonzerne die Aussicht, einen Entwicklungssprung zu machen.

Chips und Dienstleistungen sind gefragt

Gute Perspektiven bieten Experten zufolge auch IT-Dienstleister. Viele Unternehmen treiben ihre Digitalisierung, die in der Coronapandemie an Fahrt gewonnen hat, weiter voran. Dadurch wächst der Bedarf an technischer Beratung, etwa bei der Auslagerung von Daten in die Cloud oder bei der Installation von KI-Programmen, die an die Anforderungen des Betriebs angepasst werden müssen.

Zusätzlicher Bedarf ergibt sich auch durch die zunehmende Vernetzung von Geräten und mobilen Anwendungen, die durch 5G möglich werden. Das erfordert oft zusätzliche IT-Infrastruktur und Lösungen zur Datensicherheit. Andere Dienstleister haben sich auf bestimmte Themen spezialisiert. Dazu gehört das weite Feld E-Commerce. Gefragt sind Lösungen zum Aufbau eines Online-Shops, den viele kleine und mittlere Firmen immer noch nicht haben.

Schließlich erfordern viele KI-Anwendungen hohe Rechenpower. Ohne leistungsfähige Computerchips geht meist nichts. Das beschert nicht nur Branchenprimus Nvidia, sondern auch Halbleiterherstellern wie AMD und Taiwan Semiconductor eine höhere Nachfrage. Auch Spezialisten wie ASML, die Maschinen zur Chipproduktion bauen, profitieren vom KI-Trend. Gut möglich also, dass der Klub der Billionäre bald neue Mitglieder bekommt.

„Hohe Erwartungen“

Gunnar Heinze

Deka-Fondsmanager Gunnar Heinze nennt die Gründe, warum an der Börse Technologieaktien gefragt bleiben.

Mein Lübecker: Viele US-Technologiekonzerne machen Rekordgewinne, und die Kurse sind gestiegen. Wie lange geht der Höhenflug weiter?
Heinze: Kurzfristig ist das schwer abzuschätzen. In den Kursen ist inzwischen viel Zukunftshoffnung eingepreist. Die Erwartungen an 2024 sind hoch, Enttäuschungen im einen oder anderen Fall daher nicht auszuschließen. Daraus würde ich aber nicht schließen, dass der Megatrend Technologie und Digitalisierung zu Ende geht.

ML: Wie sollten Anleger strategisch vorgehen, wenn sie in Tech-Aktien investieren?
Heinze: Sie sollten den Fokus nicht zu eng stellen und allein auf die großen Namen schauen. Es gibt viele interessante Unternehmen, die in den technischen Prozessketten folgen oder Anwendungen für angrenzende Bereiche entwickeln, etwa im Gesundheitsbereich KI-gesteuerte OP-Roboter.

ML: Eine Herausforderung sind aber die hohen Kursschwankungen bei Technologieaktien…
Heinze: Eine sorgfältige Analyse der Einzeltitel ist das A und O für den Anlageerfolg. Oft handelt es sich um sehr komplexe Geschäftsmodelle, mit denen man sich eingehend beschäftigen muss. Hier zahlen sich gute Markt- und Branchenkenntnisse aus, wie wir sie in unserem Team und über Partner versammeln.

ML: Für Investments im Technologiebereich sind Aktienfonds eine überlegenswerte Alternative?
Heinze: Auf jeden Fall! Bei einem Fonds wie dem Deka-Technologie bauen wir ein Portfolio aus rund 80 Aktien aus verschiedenen Subbranchen auf. Die breite Streuung senkt das Anlagerisiko.

Fotos: Adobe Stock

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