Neue Therapien gegen Krebs und andere Krankheiten, eine wachsende Weltbevölkerung und der demografische Wandel machen das Thema Gesundheit zu einem Megatrend. Wie Anlegerinnen und Anleger an den Entwicklungen im Pharmasektor partizipieren können.
Text: Thomas Luther
Montagmorgen um acht Uhr in der Universitätsklinik in Halle an der Saale. In einem der zahlreichen OP-Säle bereitet sich ein Ärzteteam darauf vor, einen Nierentumor zu entfernen. Das Besondere: Die Uniklinik nutzt einen Roboter namens Da Vinci für Operationen im Bauchraum inklusive kompletter Nierentransplantationen. Weltweit wurden bereits über 3600 Da-Vinci-Operationsroboter aufgestellt, davon 85 in Deutschland. Der leitende Chirurg sitzt dabei an einer Konsole und bedient Joysticks, die seine Handbewegungen zitterfrei an einen Operationsroboter übertragen.
Vier Roboterarme führen über ihre Gelenke flexibel und präzise das Skalpell und andere Instrumente. So kann das Team minimalinvasiv operieren. Künstliche Intelligenz (KI) unterstützt den Chirurgen dabei, das Karzinom sicher zu entfernen und gesundes Gewebe zu schützen. „Kleinere Schnitte, geringere Blutungen und die Schonung angrenzender Gewebe, Gefäße oder Organe sind die großen Vorteile des OP-Roboter-Systems“, erklärt der zuständige Oberarzt Felix Kawan.
mRNA-Technologie schafft neue Möglichkeiten
Rund 450 Kilometer südlich, bei der Max-Planck-Gesellschaft in München, beschäftigt sich ein Forscherteam mit der Frage, wie Krebserkrankungen überhaupt entstehen und welche Veränderungen in der Zellstruktur die bösartigen Eigenschaften von Tumoren forcieren. Medizinforscher der Feinberg School of Medicine und Wissenschaftler von Google AI haben dazu einen Algorithmus entwickelt, mit dem sich bösartige Lungenknötchen – die zuweilen winzig klein sind – mit einer Erfolgsrate von 94,4 Prozent erkennen lassen.
Krebs ist nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen die weltweit zweithäufigste Todesart. Biotechnologieunternehmen wie Biontech oder Curevac arbeiten mit Hochdruck daran, diesen Zustand zu beenden. Sie setzen dabei auf das mRNA-Verfahren, mit dem es bereits gelungen ist, Coronaimpfstoffe zu entwickeln. Das Prinzip von mRNA fußt, stark vereinfacht gesagt, darauf, den genetischen Bauplan etwa von Viren oder Krebszellen zu lesen und eine genetische Gegenstrategie zu entwickeln. Für ihre mRNA-Grundlagenforschung erhielt die ungarische Biochemikerin Katalin Karikó im Dezember 2023 den Medizinnobelpreis.
OP-Roboter, neue Genverfahren oder auch Spritzen, die seit Kurzem in Europa auf dem Markt sind und Menschen beim Abnehmen helfen: nur drei Beispiele, die zeigen, wie der medizinische Fortschritt neue Wachstumsmöglichkeiten im globalen Gesundheitsmarkt schafft. Anlageexperten sind sich einig: Gesundheit und Pharma bleiben ein Megatrend. „Im Gesundheitssektor potenzieren sich gleich vier klare Entwicklungen“, sagt Florian Pfeilschifter (siehe Interview), Fondsmanager im Team des Deka-Nachhaltigkeit Gesundheit. „Eine wachsende globale Bevölkerung, der demografische Wandel hin zu einer alternden Gesellschaft, zunehmender Wohlstand und eine höhere Lebenserwartung der Menschen.“ Durch diese Kombination steigt die weltweite Nachfrage nach Gesundheitsleistungen – und damit die Ausgaben dafür.
Der Gesundheitsmarkt explodiert
Einer Studie des Datenanbieters Marketwatch, einer Tochtergesellschaft des Medienunternehmens Dow Jones, aus dem Jahr 2022 kommt zu dem Ergebnis, dass der globale Gesundheitsmarkt mit zweistelligen Durchschnittsraten von 2,2 Billionen US-Dollar in den Jahren 2021 und 2022 auf 7,3 Billionen US-Dollar im Jahr 2030 wachsen wird. „Auch aus der Pandemieerfahrung heraus blicken die Menschen heute anders auf das Thema Gesundheit“, betont Jasmina Kirchhoff, Projektleiterin der Pharmaforschungsstelle beim Institut der deutschen Wirtschaft (IW). „Die Zahlungsbereitschaft für entsprechende Leistungen ist gestiegen. Vor allem aber hat der technologische Fortschritt die Aussichten auf wirksame Therapien bei vielen Krankheiten, die bislang nicht oder kaum behandelt werden können, deutlich verbessert.“
Zwar ist eine Impfung gegen Krebs noch Zukunftsmusik, aber weltweit arbeiten Wissenschaftler an KI-gestützten Therapien, die den Durchbruch im Kampf gegen die Krankheit bringen könnten. Das beobachtet auch Fondsmanager Pfeilschifter. „Derzeit befindet sich eine Reihe vielversprechender Produkte und Therapien in der klinischen Entwicklung globaler Pharma- und Biotechnologieunternehmen. Einige davon könnten bei der klassischen Chemotherapie für einen Evolutionssprung sorgen“, erläutert er.
Onkologiepräparate sind heute mit etwa 200 Milliarden US-Dollar der umsatzstärkste Bereich innerhalb des Pharmamarkts. Neben der steigenden Zahl von Erkrankungen spielt dabei eine Rolle, dass wirksame Medikamente und Therapien teuer sind. Großhandelspreise von mehreren Hunderttausend Euro für die Jahresdosis eines Präparats sind keine Seltenheit. Dieses Umfeld macht Forschungsinvestitionen aus Sicht von Pharmakonzernen und Biotechnologieunternehmen lukrativ.
Pharmasektor ist nicht ohne Risiken
Hohes Innovationstempo und stabile Wachstumsdynamik: Die Pharmabranche bietet damit auch Anlegerinnen und Anlegern Gelegenheiten. Diese Einschätzung teilt auch Uwe Krüger, Europachef von Temasek, einem Staatsfonds aus Singapur, der weltweit über 300 Milliarden US-Dollar angelegt hat. „Healthcare ist ein interessanter Bereich“, sagte Krüger dazu in einem Zeitungsinterview im vergangenen Oktober. Durch die alternde Bevölkerung etwa in Deutschland, aber auch in vielen anderen Industrieländern sieht er zum Beispiel Chancen in der Telemedizin.
Allerdings ist der Pharmasektor nicht ohne Risiken. Ein gescheitertes Forschungsprojekt oder ein Wirkstoff, der sich in Studien als wirkungslos herausstellt, hat oft hohe Verluste zur Folge, die selbst für große Pharmakonzerne nicht so einfach zu stemmen sind. Für junge Biotech-Firmen bedeuten sie oft das Aus. „Erfahrungsgemäß wird nicht mal jede zehnte Medikamentenentwicklung zu den entscheidenden – und gleichzeitig teuren – klinischen Studien der Phase zwei und drei zugelassen. Und selbst dann ist unsicher, ob am Ende auch ein Medikament herauskommt, das die Marktzulassung durch die Behörden bekommt“, sagt Pfeilschifter.
Länder wollen Gesundheitsausgaben begrenzen
Ein weiterer Risikofaktor ist, dass der Pharmamarkt in den meisten Ländern staatlich reguliert ist. Das sorgt für hohe Kosten und setzt allzu kühnen Gewinnerwartungen Grenzen. Die Politik etwa in Deutschland müht sich seit Jahren, das kostenintensive Gesundheitssystem finanzierbar zu halten. „Um nicht in eine Abwärtsspirale aus immer höheren Beiträgen bei einem Zurückschneiden von Leistungen zu geraten, hat die Regierung in der Vergangenheit mit einer Reihe von Instrumenten und Gesetzen die Arzneimittelpreise bewusst so niedrig wie möglich gehalten“, erläutert IW-Expertin Kirchhoff. „Anders als etwa ein Automobilhersteller kann ein Hersteller für ein neues, innovatives Arzneimittel den Preis nur im ersten halben Jahr nach Markteinführung frei setzen. Danach gilt ein mit dem Spitzenverband der Krankenkassen verhandelter Erstattungsbetrag.“
Dass in deutschen Apotheken immer wieder Standardarzneien knapp sind, hat auch damit zu tun, dass die Erstattungsbeträge für Generika, also Nachahmerprodukte von aus dem Patentschutz gelaufenen Arzneimitteln, oft kaum eine kostendeckende Produktion in Deutschland zulassen. Viele Hersteller haben sich aus dem Markt zurückgezogen, andere ihre Produktion ins Ausland ausgelagert – in den meisten Fällen nach Asien. Dadurch sind Klumpenrisiken entstanden, die sich nicht von heute auf morgen abbauen lassen.
„Hohe Innovationskraft“
Florian Pfeilschifter, Manager des Deka-Nachhaltigkeit Gesundheit, über die Geldanlage im Pharma- und Gesundheitssektor.
Mein Lübecker: Warum sollten Anleger das Thema Gesundheit auf dem Schirm haben?
Florian Pfeilschifter: Weil es neben den Megatrends Demografie, wachsender Wohlstand und steigende Bevölkerung eine hohe Innovationskraft in der Pharmabranche gibt. Sie wird durch die begrenzten Patentlaufzeiten und intensive Forschung getrieben.
ML: Mit welchem Ansatz investieren Sie für Ihren Fonds in dem Sektor?
Pfeilschifter: Wir decken die gesamte Wertschöpfungskette ab. Dazu zählen Hersteller von Pharmazeutika und Medizingeräten ebenso wie Forschungsunternehmen und Laborausrüster. Bei der Auswahl der Titel berücksichtigen wir ESG-Kriterien, investieren also vor allem in Unternehmen, die möglichst umwelt- und ressourcenschonend wirtschaften, sich sozial vorbildlich verhalten und auf eine gute Unternehmensführung Wert legen.
ML: Am Ende müssen aber auch Gewinn und Umsatz stimmen, oder?
Pfeilschifter: Richtig. Daher setzen wir schwerpunktmäßig auf große Konzerne. Anders als bei vielen Biotech-Firmen hängt das unternehmerische Wohl und Wehe bei ihnen nicht von der Entwicklung eines einzigen neuen Wirkstoffs ab.
ML: Welche Risiken behalten Sie dabei im Auge?
Pfeilschifter: Ich muss zum Beispiel abwägen, wie sich das Umfeld entwickelt. Von bestimmten Gesetzesreformen profitieren etwa die effizientesten Krankenhausbetreiber und innovativsten Pharmaunternehmen. Das zeigt, wie wichtig die Selektion auf Einzelebene ist. Oft handelt es sich um sehr komplexe Sachverhalte, dazu kommen Dynamiken zwischen Märkten und Subsektoren. All das lässt sich am risikoärmsten und komfortabelsten über einen aktiv gemanagten Fonds steuern.
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