Indien: Tradition trifft Moderne

Indien erlebt seit Jahren einen Wirtschaftsboom, der die Aktienkurse an der Börse Mumbai beflügelt. Wie Anleger an diesem Aufschwung partizipieren können.

Text: Thomas Luther

Klotzen statt kleckern – dieses Motto gehört zum guten Ton bei Hochzeiten in Indien. Die Opulenz des dreitägigen Fests rund um die Vermählung von Anant Ambani und Radhika Merchant 2024 in Mumbai stellte allerdings alles in den Schatten. Die Gästeliste war besetzt mit interna­tionalen Prominenten wie Mark Zuckerberg, Bill Gates und Ivanka Trump. Den Höhepunkt bildete ein Privatkonzert von Rihanna.

Beide Familien, Ambani und Merchant, stehen für die Nouveau Riche, Indiens neue Superreiche. Sie verdanken ihren Wohlstand einem radikalen Reformkurs, den Anfang der 90er-Jahre der damalige Premierminister Pamulaparthi Venkata Narasimha Rao eingeleitet hatte. Um Devisen ins Land zu holen, erlaubte er ausländischen Unternehmen, direkt in Indien zu investieren.

Indien wächst rasant

Ein weiterer Meilenstein war die Gründung der Gruppe der BRIC-Staaten 2006 durch Brasilien, Russland, Indien und China. Relativ stabile gesellschaftliche Verhältnisse, günstige Löhne und riesige Absatzmärkte versprachen, was Anleger händeringend suchen: ein hohes Wachstum.

Der 2024 bei den Wahlen bestätigte Premier­minister Narendra Modi hat diesen investorenfreundlichen Kurs fortgeführt. Seit seinem Amtsantritt 2014 hat sich das Bruttoinlandsprodukt Indiens auf aktuell 3,6 Billionen US-Dollar nahezu verdoppelt. Die jährlichen ausländischen ­Direktinvestitionen peilen perspektivisch die 100-Milliarden-US-Dollar-Marke an.

In etwas mehr als zehn Jahren will Modi sein großes Ziel erreicht haben: Indien vom ehemals landwirtschaftlich geprägten Schwellenland zu einer modernen Volkswirtschaft zu machen. Das Land liegt auf Rang fünf bei der Wirtschaftsleistung und schickt sich an, Deutschland und Japan auf den Plätzen drei und vier zu überholen. Das macht sich auch an der Börse in Mumbai bemerkbar: Der Aktienindex BSE Sensex 30 hat sich in den letzten 20 Jahren in der Spitze mehr als verzehnfacht.

Andere große Schwellenländer schwächeln

Indien rückt auch deshalb in den Fokus, weil der Aufstieg für andere BRIC-Staaten beschwerlicher geworden ist. Mit dem Ukrainekrieg hat sich Russland isoliert. Brasilien leidet unter den Folgen der ehemaligen Regierung Bolsonaro, und China kämpft mit strukturellen Problemen. Gleichzeitig fürchten die USA und viele Länder in Europa eine zu große Abhängigkeit vom Reich der Mitte. „Aktuell profitiert Indien von den wachsenden Zweifeln am Standort China“, beobachtet Deka-­Volkswirt Janis Hübner.

In Indien gilt: Wer seine Waren vor Ort verkaufen will, muss auch dort produzieren.

Wenn sich Unternehmen in Richtung Asien aufmachen, gehört Indien deshalb fast automatisch mit dazu. Große deutsche Firmen wie Siemens oder BMW sind seit Jahren auf dem Subkontinent präsent und expandieren; Mittelständler wie SFC Energy oder auch Flixbus strömen neu hinzu. „Zumal in Indien gilt: Wer seine Waren vor Ort verkaufen will, muss dort auch produzieren“, erklärt Hübner. „Der Markt für Konsumgüter, Industrie und Dienstleistungen ist verlockend. Wenn das Land sein Wachstumstempo hält, entstehen auf diesem Markt mit 1,4 Milliarden Konsumenten gigantische Absatzchancen – angefangen von Lebensmitteln über Kleidung und Smartphones bis zu Elektrorollern und Autos.“

Junge, kaufkräftige Mittelschicht

Der Wirtschaftsboom der vergangenen Jahre hat zudem nicht nur Superreiche hervorgebracht. Es wächst eine kaufkräftige Mittelschicht heran. Rund zwei Drittel des Bruttoinlandsprodukts stammen aus dem privaten Konsum. Und der Trend ist positiv: Indien hat China als bevölkerungsreichstes Land der Erde abgelöst, und das Durchschnittsalter liegt bei 28 Jahren.

Andererseits gibt es im siebtgrößten Flächenstaat noch große Einkommensunterschiede. Im Durchschnitt liegt das Pro-Kopf-Brutto-Nationaleinkommen, also die von Inländern erbrachte Wertschöpfung, unter 2500 US-Dollar pro Jahr. „Damit verfügt Indien über ein hohes Entwicklungspoten­zial verglichen mit 11 200 US-Dollar in China und einer ähnlichen Größenordnung in den ärmsten EU-Ländern Rumänien und Bulgarien“, erläutert Lukas Menkhoff, Professor für Volkswirtschafts­lehre an der Humboldt-Universität und Leiter der Abteilung Weltwirtschaft am DIW Berlin.

Hinzu kommt, dass der Staat in Zukunftstechnologien und Infrastruktur investiert. „Die Regierung Modi setzt mit der Infrastruktur zwar einen rich­tigen Schwerpunkt, um die Rahmen­bedingungen für in- und ausländische Investoren zu verbessern“, betont ­Janis Hübner. Er schränkt indes ein: „Damit ­allein ist es aber nicht getan. Indien bleibt ein eher schwieriger Produk­tionsstandort, der zudem mit etablierten Alternativen wie China, Vietnam oder Malaysia in Konkurrenz steht.“

Bürokratie und Fachkräftemangel

So haben ausländische Firmen in Indien regelmäßig mit Bürokratie zu kämpfen, und es fehlen Fachkräfte aufgrund des mangelhaften Bildungssystems. Zudem nutzen die neuen Reichen ihren politischen Einfluss zu ihren Gunsten.

Premier Modi weiß jedoch, dass die gut entwickelten Exportbranchen des Landes wie Pharma und IT Devisen bringen und damit gut bezahlte Arbeitsplätze entstehen. Dafür braucht es aber das Geld und Know-how ausländischer Partner. Satya Nadella zum Beispiel, der indischstämmige CEO von Microsoft, zeigte sich jüngst beeindruckt, wie schnell sich KI-Anwendungen in In­dien verbreiten. „Das Land kann globaler KI-Vorreiter werden“, ist er überzeugt.

Schnell voran. Der indische Mahindra-Konzern hat ein Racingteam, das in der Formel E mitmischt – ein Zeichen für Indiens Stärke auf globaler Bühne.

Trotz aller wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen: Für Deka-Fondsmanager Mario Adorf ­kommen Anlegerinnen und Anleger am indischen Aktienmarkt nicht vorbei (siehe Interview). „Indien verfügt über eine solide, intakte Investmentstory“, sagt er. Die vergangenen Mo­nate haben jedoch gezeigt: Nach den hohen Kurszuwächsen der Vergangenheit ist der indische Aktienmarkt anfällig für Rückschläge ­geworden.

Breit streuen statt spekulieren

Wie bei jedem Investment in Schwellenländern müssen Anleger laut Adorf auch in Indien mit vorübergehenden Korrekturen und starken Kursschwankungen rechnen. Um solche volatilen Märkte in den Griff zu bekommen, sollten Privatanleger mit langfristiger Per­spektive und breit gestreut investieren, wobei natürlich auch hier das Risiko von Rückschlägen besteht.

Möglichkeiten bieten unter anderem aktiv gemanagte Fonds wie der Deka-­Global ConvergenceAktien oder der Deka-GlobalChampions, die weltweit in Schwellenländern anlegen. Eine ­Alternative stellt ein ETF der Deka dar, der den international bekannten MSCI-­Emerging-Markets-Index nachbildet. Bei dessen Zusammensetzung haben indische Titel immerhin einen Anteil von rund 20 Prozent.

„Firmen mit Gewinnpotenzial“

/  Mario Adorf, Manager des Fonds Deka-GlobalChampions, blickt auf den Aktienmarkt Indien.

Mario Adorf

Mein Lübecker: Was macht Indiens Aktienmarkt für Anleger interessant?
Adorf: Indien ist die letzte volumenstarke Volkswirtschaft, die überproportionales Wachstum über die nächsten Jahre erwarten lässt und im Vergleich zu China noch weniger stark im Fokus steht. Zudem handelt es sich um ein demokratisch geführtes Land mit für Schwellenländer relativ stabilen Rechtsverhältnissen.

ML: Was ist Ihr Anlageansatz?
Adorf: Wir setzen auf Unternehmen, die zu den Qualitäts- und Marktführern in ihren Branchen gehören, etwa im Bereich IT, Telekom, aber auch Banken, Industrie und Konsum. Diese Konzerne verfügen vor dem Hintergrund der volkswirtschaftlichen Wachstumsperspektive und der Größe des indischen Binnenmarkts mit 1,4 Milliarden Konsumenten über ein hohes Umsatz- und Gewinnpotenzial in den kommenden Jahren.

ML: Warum sollten Privatanleger bei einem Investment in Indien auf Fonds zurückgreifen?
Adorf: Aus anlagetaktischen Gründen ist die vorhandene Risikostreuung in verschiedene Titel und Branchen zu nennen, zum anderen ist ein direktes Engagement in lokal gehandelten in­dischen Aktien für deutsche Privatanleger schwer möglich. Einige indische Aktien werden zwar auch als Anteilsscheine an europäischen und US-amerikanischen Finanzplätzen gehandelt, die Auswahl ist jedoch eher gering.

Fotos: Deka, dpa/Picture Alliance

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