Generationen im Job: Nur gemeinsam wirklich stark

Gen Z gegen Boomer: Wie wirkt sich der Generationenkonflikt im Beruf aus? Berufstätige und Personalfachleute sagen, woher die Probleme zwischen Jung und Alt rühren und wie Chefs und Mitarbeitende sie in den Griff bekommen.

Text: Daniela Eckstein

Ein medialer Krieg tobt seit Jahren zwischen jungen Erwachsenen und den heute 60- bis 70-Jährigen. Die Generation Z (kurz: Gen Z) lasse sich von den Alten ungern etwas sagen, heißt es – weder in Sachen Digitalisierung noch bei Klimafragen. Oft klingt das nach einer Generalabrechnung: Sind sie nicht dafür verantwortlich, dass in den vergangenen Jahrzehnten die Umwelt zerstört wurde? Im Jahr 2019 kanzelte die 25-jährige neuseeländische Ab­geordnete Chlöe Swarbrick mit dem Spruch „OK, Boomer“ einen älteren Parlamentskollegen ab. Die Formulierung wurde zum Synonym der Verachtung des Nachwuchses für die Generation der geburtenstarken Jahrgänge.

Kein gegenseitiger Respekt

Die so gescholtenen Boomer, die für harte Arbeit und vollen Einsatz im Job bekannt sind, kritisieren dafür die jungen Leute für ihren Auftritt im Berufsleben. Wie verwöhnte Kinder würden sie überzogene Gehaltsvorstellungen anmelden und optimale Arbeitsbedingungen einfordern, etwa Homeoffice, flexible Arbeitszeit oder sogar die Viertagewoche. Dabei zeigten sie eine zu geringe Leistungsbereitschaft, seien kaum kritikfähig, wenig zielstrebig und hätten kein Durchhaltevermögen.

Gegenseitiger Respekt sieht anders aus. Aber handelt es sich wirklich um ein tiefgreifendes Unverständnis zwischen Generationen oder ist es eher ein mediales Ereignis? Beschäftigte wie Fachleute bestätigen, dass tatsächlich zwischen den Jüngsten und den Äl­testen, die sich derzeit im Berufsleben begegnen, Welten liegen. Dabei könnten ihre Unterschiede für den Erfolg des Unternehmens genutzt werden, wenn die Chefs dies geschickt managten, weiß Unternehmensberater Ralf ­Overbeck (siehe Interview unten).

Das überbordende Selbstbewusstsein der Berufseinsteiger – oft auch als Zoomer bezeichnet – hat vor allem damit zu tun, dass sie sich ihrer Verhandlungs­position auf dem Arbeitsmarkt bewusst sind. Da sich viele Babyboomer schon in den Ruhestand verabschieden, macht sich Fachkräftemangel breit. Wer gut qualifiziert ist, kann sich in vielen Branchen die besten Stellen aussuchen – auch als Berufseinsteiger.

Doch wie gehen die Unternehmen mit dem anspruchsvollen Nachwuchs um? Direkten Kontakt haben Chef und Einsteiger zumindest in größeren Unternehmen selten. Dazwischen stehen Bereichs-, Abteilungs- und Teamleiter, in der Regel Menschen aus den Generationen X und Y (siehe Kasten). Sie sind in der wenig komfortablen Lage, im Konflikt zwischen den Berufseinsteigern und den Alten moderieren und es allen recht machen zu müssen. Gelingt es ihnen nicht, hat die Firma im Rennen um die besten Nachwuchskräfte das Nachsehen.

Flexible Arbeitszeit besonders wichtig

„Es ist in meinem Freundeskreis ein ganz großes Thema, dass man schnell die Stelle wechselt, wenn die wichtigsten Faktoren nicht stimmen“, bestätigt die 27-jährige Julia, die in der Geschäftsentwicklung eines mittelständischen Handelsunternehmens tätig ist. Neben einem guten Gehalt zählt sie vor allem die Möglichkeit dazu, im Home­office arbeiten und die Arbeitszeit flexibel gestalten zu dürfen.

Für die Gen Z ist nicht die Stundenzahl wichtig, sondern auf das Ergebnis der Arbeit.

Obwohl sie vom Alter her zur Gene­ration Z zählt, hat Julia nichts von einem Youngster, der viel verlangt und wenig leistet. Im Gegenteil: Angefangen mit einer kaufmännischen Aus­bildung über ein duales Business­studium hat es die Hamburgerin bis zur Business-­Development-Managerin ­gebracht. Im ­berufsbegleitenden ­Masterstudium bereitet sie sich auf ­eine Karriere in der Unternehmensführung vor.

Ihr Leben ist daher weit entfernt von dem der 18- bis 20-jährigen Berufseinsteiger. Über die sagt sie: „Weil sie ständig im Netz unterwegs sind, leben sie oft in einer Internet­bubble, die mit der Realität wenig zu tun hat. Dort wird das Leben als schön und entspannt dargestellt. Allzu anstrengend möchten sie es daher vielleicht auch am Arbeitsplatz nicht haben, und ihre Leistungsbereitschaft lässt bisweilen zu wünschen übrig.“

Das Ergebnis der Arbeit zählt

Verstehen kann sie allerdings schon, dass junge Leute für ein ausgewogenes Verhältnis von Arbeit und Freizeit kämpfen – eine positive Work-Life-­Balance. Sie selbst arbeitet an drei ­Tagen pro Woche im Homeoffice und nutzt die gesparte Fahrzeit für Sport. Für sie hat Arbeitszeit auch nichts mit Leistung zu tun: „Es kommt für mich nicht auf die im Rahmen klassischer Bürozeiten geleistete Stundenzahl an, sondern auf das Ergebnis der Arbeit.“

Erfahrung und frische Ideen. Gehen Alt und Jung respektvoll miteinander um, macht nicht nur die Arbeit mehr Freude – auch das Potenzial jedes Einzelnen kann besser einfließen.

Ein Punkt, der Julia beim Generationenthema ebenso umtreibt, ist die oft schwierige Kommunikation mit älteren Kollegen: „Manchmal hat man das Gefühl, dass sie aus Prinzip auf ihrer Autorität beharren, statt etwa zuzulassen, Fehler angesprochen werden und man gemeinsam Lösungen findet.“ Sie wünscht sich stattdessen Kommunikation auf Augenhöhe und betont: „Wir Jüngeren haben ein Recht darauf, dass man uns vertraut und ernst nimmt und unsere Leistung genauso anerkennt wie die der älteren Mitarbeitenden.“

Doch es beschweren sich nicht nur die Jungen über fehlende Wertschätzung. Ralf Overbeck, der als Unternehmensberater in Sachen Generationenmanagement tätig ist, kennt ähnliche Klagen auch von Babyboomern und sagt: „Viele Junge erkennen die Lebensleistung der Älteren nicht an und gehen respektlos mit ihnen um.“ Das habe gravierende Folgen für die Unternehmen: Fehle es an guter Kommunika­tion, gäben die Älteren ihr Wissen nicht an die Jungen weiter.

Phänomen Quiet Quitting

Außerdem reagieren viele Boomer genauso wie die Zoomer, wenn sie sich nicht mehr wohlfühlen: Sie gehen. Wer es sich leisten kann, verabschiedet sich in den vorzeitigen Ruhestand. Wer bleibt, sich aber ärgert, reicht die in­nere Kündigung ein – Neudeutsch „Quiet Quitting“. Das bedeutet, dass die betroffene Person ihren Job nicht mehr mit Herzblut erledigt.

„­Jede Generation hat etwas zu bieten, das den anderen fehlt“

Overbeck ist davon überzeugt, dass man mit guter Führung, einer Ver­trauenskultur und einem gezielten Gene­rationenmanagement gegensteuern kann und die Zusammenarbeit von Jung und Alt ein Erfolgsmodell ist. „­Jede Generation hat etwas zu bieten, das den anderen fehlt. Aus ihrer jeweiligen Lebens- und Berufserfahrung können alle etwas Wertvolles beisteuern und das Unternehmen damit gemeinsam voranbringen“, erklärt er.

Elemente eines solchen Generationenmanagements sind etwa Schulungen und Workshops zur Sensibilisierung und Förderung der Kommunikation. Auch Mentoring gehört dazu, das so gestaltet werden sollte, dass die Nachwuchskräfte die Chance haben, ihre Perspektive einzubringen. Gleiches gilt für breit aufgestellte Projektteams innerhalb der Firma. Und natürlich hilft eine gute Feedbackkultur, das Miteinan­der der Generationen zu verbessern.

Voneinander lernen

Kein Zweifel, dass die Jungen und die Alten viel voneinander lernen können: Wissen über Verhandlungsgeschick, Produkte und die Branche die einen, den Umgang mit digitalen Tools die anderen. Aber was, wenn das Management keinen Sinn in altersgemischten Teams und ähnlichen Maßnahmen sieht? Der Kölner Mediator Roland Schüler, der seit Jahrzehnten bei Konflikten in ­Unternehmen hilft, ermutigt Jung und Alt, selbst aktiv zu werden. „Jedes Arbeitsteam kann versuchen, selbst für ein gutes Betriebsklima zu sorgen. Dazu lohnt sich auch mal eine Verabredung am Wochenende. Wenn sich die Menschen dabei näherkommen, bauen sie Vorurteile ab und verstehen sich auch am Arbeitsplatz besser“, so Schüler.

 

Von Babyboomer bis Generation Z

Welche Altersgruppen sich derzeit im Arbeitsleben begegnen.

  • Babyboomer: Jahrgang 1955 bis 1964. Die geburtenstarken Jahrgänge begannen in Deutschland wegen der Kriegsfolgen später als etwa in den USA. Die letzten von ihnen gehen in knapp zehn Jahren in den Ruhestand.
  • Generation X: Jahrgang 1965 bis 1979. Von Wirtschaftskrise und digitalem Wandel geprägt, besetzt sie derzeit viele Führungspositionen.
  • Generation Y: Jahrgang 1980 bis 1993. Auch Millennials genannt, weil sie um die Jahrtausendwende ins Berufsleben startete. Ihr wird eine kritische Grundhaltung nachgesagt, was den Namen Y für „Why?“ begründet.
  • Generation Z: Jahrgang 1994 bis 2009. Auch Gen Z oder Zoomer genannt. Die Youngsters im Berufsleben sind mit digitalen Technologien aufgewachsen, also echte Digital Natives.

 

„Gute Vertrauenskultur ist unerlässlich“

Ralf Overbeck

Ralf Overbeck hilft Firmen, die Zusammenarbeit von Jung und Alt zu verbessern.

Mein Lübecker: Herr Overbeck, Sie machen sich für ein aktives Generationenmanagement stark. Was verstehen Sie darunter?
Ralf Overbeck: Die Geschäftsführung sollte dafür sorgen, dass sich alle Menschen und Alters­gruppen im Betrieb respektvoll begegnen. ­Niemand darf zum Beispiel aufgrund seines hohen oder jungen Alters für inkompetent erklärt werden. Wesentlich dafür ist, dass die Führungskräfte die Angestellten wie gleichberechtigte Partner behandeln und nicht wie Untergebene.

ML: Wie sieht es damit in unseren Firmen aus?
Overbeck: Ich bin wirklich enttäuscht, dass sehr viele Firmen das nicht beherzigen. Schon vor 15 Jahren zeichnete sich ab, dass wir einen Fachkräftemangel haben würden. Ich kann nur jedem Unternehmen empfehlen, jetzt gegenzusteuern und sich vor allem noch das Wissen der Älteren zu sichern, bevor sie in den Ruhestand verschwinden.

ML: Viele Chefs kommen ihren Angestellten aber auch entgegen, etwa mit flexiblen Arbeitszeiten.
Overbeck: Das stimmt, die meisten Homeoffice­angebote wurden aber während der Coronazeit geschaffen. Inzwischen beordern viele Firmen ihre Belegschaften wieder ins Büro – ein Trend aus den USA. Das halte ich für einen ganz großen Fehler. Eine gute Vertrauenskultur ist unerlässlich.

ML: Viele Firmen stellen die Vielfalt in ihrer Belegschaft nach vorn, Schlagwort Diversity. Bezieht das auch das Generationenthema ein?
Overbeck: Das ist eine gute Initiative, denn sie macht klar, dass niemand aufgrund von Geschlecht, Hautfarbe, Alter oder anderen Merkmalen diskriminiert werden darf. Allerdings muss das unbedingt aus der Chefetage propagiert werden. Wenn es nur eine Werbemaßnahme der Personalabteilung ist, bringt es nichts.

Fotos: Adobe Stock, Ralf Overbeck; Illustrationen: iStockphoto

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