Ehevertrag: Frieden statt Rosenkrieg

Nach dem Altar zum Notar: Mit einem Ehevertrag können Paare eigene Regeln für ihre Finanzen verabreden und Streit im Fall einer Scheidung vermeiden.

Text: Melanie Rübartsch

So opulent so manche Hochzeitstorte verziert ist, so trist ist oft das Ende der Beziehung: 35 Prozent aller Ehen in Deutschland werden geschieden, so das Statistische Bundesamt. 14,8 Jahre dauert es dabei im Schnitt bis zur Auflösung. „Wenn sich ein Paar trennen möchte, kommt es leider nicht selten zu unschönen Auseinandersetzungen um die Finanzen: den Unterhalt, den Vermögens- oder Versorgungsausgleich“, weiß Argiris Balomatis, Fachanwalt für Familienrecht aus Tübingen. Mithilfe eines Ehevertrags könnten die Partner gegensteuern und noch in guten Zeiten individuelle Absprachen für die Finanzen festlegen.

Fairness? Verhandlungssache!

Es komme dabei immer auf den Einzelfall an. „Bei manchen Ehen führen die grundsätzlich geltenden gesetzlichen Regeln bereits zu durchaus fairen Scheidungen, bei anderen sind Modifikationen sinnvoll“, erläutert der Rechtsanwalt. Das Scheidungsrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geht dabei von einem Ehemodell aus, in dem ein Partner den Lebensunterhalt verdient und der andere sich überwiegend um Kinder und Haushalt kümmert. Wer diesen Familienjob stemmt und dafür beruflich kürzertritt, soll beim Scheitern der Ehe nicht schlechter dastehen.

Lässt sich das Paar scheiden, kommt es laut BGB zum Zugewinnausgleich (ZGA): Jeder Partner behält das Vermögen, das er in die Ehe mitgebracht hat. Was während der Ehe hinzugekommen ist, wird geteilt. Ausgeglichen werden außerdem die von den Partnern erworbenen gesetzlichen und privaten Rentenansprüche (Versorgungsausgleich). Und schließlich ist der solventere Partner seinem Ex-Gatten zu Unterhalt verpflichtet. „Die Höhe hängt vereinfacht gesagt vom Lebensstandard während der Ehe und den finanziellen Mitteln und Jobmöglichkeiten der Partner nach der Scheidung ab“, erklärt Balomatis.

Aspekte des Ehevertrags

Per Ehevertrag könnten die Paare etwa statt des ZGA eine strikte Gütertrennung vereinbaren. Das Vermögen der Partner bleibt dann während und nach der Ehe komplett getrennt. Ein Ausgleich muss nicht stattfinden. Alternativ lässt sich der ZGA modifizieren. „Grundsätzlich bleibt es dann bei dem Ausgleich, größere Vermögensgegenstände wie etwa Immobilien oder Anteile an einem Unternehmen können die Partner aber bewusst ausklammern“, so der Experte. Der Zugewinn lässt sich darüber hinaus wertmäßig begrenzen, oder es kann eine andere Aufteilungsquote festgelegt werden.

2023 wurden in Deutschland 361 000 Ehen geschlossen und 129 000 geschieden, so das Statistische Bundesamt.

Die gesetzlichen Regeln zum Ehegattenunterhalt nach der Scheidung können die Partner ebenfalls anpassen. Sie begrenzen ihn etwa der Höhe nach auf eine angemessene Basisvorsorge oder erweitern ihn umgekehrt in finanzieller oder zeitlicher Hinsicht. „Oft vereinbaren die Paare auch Unterhaltsstufen: Die monatliche Zahlung soll sich mit zunehmendem Alter der zu betreuenden Kinder verringern, weil von Jahr zu Jahr die Chancen steigen, wieder mehr selbst zu arbeiten“, sagt Balomatis.

Grenzen der Vereinbarkeit

Nicht ausschließen dürfen die Partner hingegen den Trennungsunterhalt, also die Finanzspritze während des gesetzlich vorgeschriebenen Trennungsjahres, oder den Unterhalt für gemeinsame Kinder. Im Ehevertrag ließe sich aber zum Beispiel festlegen, ob und wie über den Unterhalt hinaus größere Anschaffungen für die Kinder anteilig von den Eltern finanziert werden.

Seine Grenzen hat ein Ehevertrag dann, wenn ein Partner die wirtschaftliche oder emotionale Abhängigkeit des anderen zum eigenen Vorteil ausnutzt oder die Regelungen einen unangemessen benachteiligen. Aus letzterem Grund ist es oft schwierig, den Versorgungsausgleich komplett zu streichen, wenn einer der Partner wenig bis gar keine Altersvorsorge aufbauen konnte. „Ein Ausschluss wäre daher eher möglich, wenn die Partner zum Beispiel erst im fortgeschrittenen Alter heiraten und beide bereits abgesichert sind“, erläutert Balomatis. Denkbar ist auch, einen Ausschluss nur so lange gelten zu lassen, wie beide Partner arbeiten. Kommen Kinder, sollen die gesetzlichen Regelungen wieder Gültigkeit erlangen.

Beweggründe aufnehmen

Egal, zu welchem Thema Regelungen getroffen würden, sinnvoll sei es immer, die Beweggründe mit in den Ehevertrag aufzunehmen. Das kann im Fall von Patchworkfamilien zum Beispiel die Absicherung von Kindern aus ersten Ehen sein. Sollen jene später eine Immobilie erhalten, reicht es nicht, das testamentarisch zu regeln. Balomatis: „Das Haus muss auch aus dem Zugewinn ausgeklammert werden, damit es im Falle einer Scheidung für die Kinder komplett erhalten bleibt.“

Für einen Ehevertrag ist es übrigens nie zu spät. „Man kann auch noch kurz vor der Scheidung Regelungen treffen. Das nennt sich dann Scheidungsfolgenvereinbarung“, sagt der Anwalt. Im Zweifel gilt aber: besser früh und zu einer Zeit Vereinbarungen treffen, in der man noch gut miteinander reden kann.

Fotos: Midjourney

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