E-Camper: Urlaub unter Strom

Der Elektromobilität gehört mittelfristig die Zukunft. Seit Kurzem hat sie auch Einzug bei Campern gehalten. Noch ist der Markt überschaubar und setzt in einigen Punkten ein Umdenken bei Reisenden voraus.

Text: Wolfgang Hörner

Entspannt unterwegs sein, bleiben, wo man bleiben möchte, sowie Stille und Auszeit genießen – so stellt man sich das Reisen in einem Camper vor. Weil weder Geschwindigkeit noch die Dauer von Pausen eine relevante Rolle spielen, könnte man auf die Idee kommen, dass so ein Camper mit Elektroantrieb eine wunderbare Sache wäre. Und tatsächlich ist die Elektromobilität in den letzten Jahren auch in dieser Branche angekommen.

Das betrifft aber weniger die voll ausgebauten Wohnmobile als eher die Vans auf Bus- und Transporterbasis. Aber schließlich beherrscht dieses Genre ohnehin einen Großteil des Markts. In Summe erfolgt die Elektrifizierung der Reisemobile nicht mit der gleichen Geschwindigkeit wie bei Pkw. Trotzdem sind sich alle – Hersteller, Verbände und Marktexperten – einig, dass die Reise der Campingbranche in den nächsten zehn Jahren dorthin gehen wird.

Kürzere Reichweite

Wer sich heute für einen E-Camper interessiert, ist seiner Zeit voraus. Interessant ist dabei die Beobachtung der entsprechenden Fahrzeug- und Umbauanbieter. Sie berichten, dass ein Teil der Kunden Umsteiger sind, die von einem klassischen Verbrennerfahrzeug hinüberwechseln wollen. Das klingt logisch. Ein anderer Teil der Kundschaft ist hingegen besonders elektroaffin und nutzt im Alltag bereits die E-Technik.

Flexible Nutzung. Camper-Vans eignen sich dank ihres Innenausbaus auch zum Arbeiten – so geht das Büro mit auf die große Reise. Wichti:; E-Camper sind noch ein Neuwagenmarkt. Die Elektromobilität hat erst in den letzten zehn Jahren Fuß gefasst, im Van- und Bussegment sogar noch später. Deswegen gibt es kaum gebrauchte E-Camper zu kaufen.

Eine Umstellung ist es definitiv für alle – auch für die Besitzer von Elektro-Pkw. Klammert man E-Kleinwagen aus, starten aktuell die Reichweiten gemäß Normangabe üblicherweise bei etwa 450 Kilometern und reichen bis gut 600 Kilometer. So weit kommen ausgebaute E-Camper definitiv nicht. Durch ihre Form, ihr Gewicht und ihre Technik gelten bislang 400 Kilometer als das höchste der Gefühle. Nicht zu vergessen, dass in der Praxis je nach Fahrweise die Realreichweiten rund 20 Prozent geringer sind.

Technik der Camper ausbauwürdig

Aber es geht nicht nur um die Reichweite. Auch bei der Ladegeschwindigkeit gibt es Unterschiede. Viele moderne E-Pkw besitzen eine sogenannte 800-Volt-Architektur, die Ladeleistungen von 250 Kilowatt und mehr ermöglichen. Damit werden selbst große Batteriepakete in 20 Minuten von 10 auf 80 Prozent nachgeladen.

So schnell geht es bei E-Campern nicht, die üblicherweise eine 400-Volt-Architektur besitzen. Ein Mercedes-Benz EQV, eine beliebte Camper-Van-Basis, erreicht 110 Kilowatt, ein VW ID Buzz immerhin 200 Kilowatt. Zwar werden hier ebenfalls Nachladezeiten von einer knappen halben Stunde angegeben, aber eben für eine kleinere Batterie mit weniger Reichweite.

Aktivcamper ist eins von mehreren Unternehmen, die auf Mercedes setzen. Die fertigen Camper bieten modular aufgebaute Lösungen.

An dieser Stelle sollte man aber nicht ins Zweifeln kommen. Zwar gilt „Ohne Strom nix los“, aber Reichweiten und Nachladen sind Themen, die E-Fahrer schon bald wie selbstverständlich in ihren Reiserhythmus integrieren. Sie genießen lieber gleichmäßige Kraftentfaltung und ruhiges Fahren.

Fertig kaufen oder selbst ausbauen

Wer in Richtung E-Camper denkt, hat heute drei Wege, diesen Wunsch in Erfüllung gehen zu lassen. Zum einen gibt es einige Firmen, die fertig ausgestattete E-Camper in Serie anbieten. Wie in der Branche üblich, kann die Ausstattung individuell konfiguriert werden. Zum anderen gibt es den klassischen Weg, vorhandene oder eigens angeschaffte E-Busse und E-Transporter selbst auszubauen. Wesentlicher Vorteil dabei ist, dass es nicht nur besonders persönlich wird, sondern sich die Investitionen des Ausbaus über einen längeren Zeitraum verteilen.

Und schließlich gibt es noch einen dritten Weg: die Umrüstung eines vorhandenen Campers auf E-Antrieb. Die Firma Flowcamper bietet so etwas für den VW Bus der Generation T5 an. Der Umbau „Frida Volt“ ist aufwendig, kostet mindestens 20.000 Euro und kommt auf Reichweiten von ungefähr 300 Kilometern. Dafür ist das Fahrzeug besonders nachhaltig.

Ein E-Camper, viele Angebote

Unter den Komplettmobilen ist gegenwärtig der Mercedes-Benz EQV, die elektrische V-Klasse, der große Star. Weil er schon länger verfügbar ist, bieten gleich mehrere Spezialisten entsprechende Camperversionen an. Zum Beispiel Salty Blue (www.salty-blue.com). Der Preis eines Komplettfahrzeugs startet bei rund 125.000 Euro (Stand: Juni 2025). Enthalten sind Aufstelldach und Schlafbank mit vier Schlafplätzen, Dämmung, Küche, Toilette, drehbaren Vordersitzen und vielem mehr – also alles, was man von einem richtigen Camper erwartet.

Auch Salty Blue bietet Fahrzeuge auf Basis des Mercedes-Benz EQV.

Tonke (www.tonke.eu/de) hat sich ebenfalls des Mercedes-Vans angenommen. Hier gibt es sogar drei verschiedene Ausstattungslinien: Adventure (einfach ausgestattet) für rund 74.500 Euro, Nomad (mit integrierter Küche) für rund 79.100 Euro und das Top-Modell Touring für rund 100.200 Euro. Im Vergleich zu Salty Blue kommen hier allerdings noch Extras wie ein Aufstelldach oder Kühlschrank dazu.

Auch Aktivcamper (www.aktivcamper.de) setzt auf den Stuttgarter Stern. Der Ausbau des EQV ist modular. Entscheidet man sich für alles, zahlt man rund 110.000 Euro für sein Reisemobil. Im Preis enthalten sind dann Schlafdach, Möbel, Schlafbank, Induktionsküche und vieles mehr. Auch die Firma Reimo (www.reimo.com), einer der ganz großen Camper-Spezialisten hierzulande, bietet eine Komplettlösung an. Deren Preis liegt bei rund 90.500 Euro, einschließlich Schlafbank und Möbelzeile mit Kocher und Kühlschrank. Daneben gehört Reimo auch zu den führenden Anbietern von modularer Campereinrichtung, die für den Alltagsbetrieb problemlos entfernt werden kann.

Der neue Shootingstar

Inzwischen steht der elektrische VW ID Buzz bereit, dem Mercedes-Van den Rang in der Beliebtheit abzulaufen. Neben Tonke wurde bereits Alpincamper (www.alpincamper.de) tätig. Die Preise für ein Komplettfahrzeug starten hier bei rund 70.000 Euro. Im Preis enthalten ist zum Beispiel ein Ausziehbett, Induktionskocher und Kühlschrank sowie ein Aufstelldach für etwas Stehhöhe. Wegen der kompakteren Fahrzeugabmessungen eignet sich der ID Buzz aber vor allem als Camper für zwei.

Alpincamper zählt zu den Ersten, die einen Komplettcamper auf Basis des schicken VW ID Buzz aufgebaut haben.

In eine ganz andere Richtung arbeitet Pössl, einer der Marktführer. Unter der eigenen Submarke Vanline (www.poessl-vanline.de) gibt es den vollelektrischen Citroën ë-Spacetourer zum günstigen Kampfpreis von 50.000 Euro. Während EQV und ID Buzz jeweils mit 204 Elektro-PS unterwegs sind, sind es bei dem französischen Kompakt-Van 136. Im Preis inkludiert sind drehbare Vordersitze, Induktionskocher, Schlafdach und Zusatzklimaanlage.

Weiter, als man denkt und mit mehr Möglichkeiten

An Angeboten für Paare und junge Familien, die elektrisch unterwegs sein wollen, fehlt es also nicht. Trotzdem bleibt die Frage, für wen ein E-Camper richtig ist. Oder anders: Wo sind seine Grenzen? Zum Beispiel überall dort, wo es an Ladeinfrastruktur fehlt – im tiefen Südosteuropa genauso wie in Nordafrika. Schwierig wird es auch, wenn man täglich in dem Camper lange Strecken zurücklegen will. Wenn Kilometermachen Teil der Reisephilosophie ist, werden die kurzen Reichweiten zur Belastungsprobe. Wer indes vorhat, an den Gardasee, nach Südfrankreich oder Schweden zu fahren, steht nicht vor Herausforderungen.

Pössl hat mit dem Citroën ë-Spacetourer einen besonders kompakten und preiswerten Camper-Van im Programm.

Neben dem ökologischen Aspekt bietet der Elektroantrieb noch andere Vorteile. Alles kann mit Strom betrieben werden. Zum Beispiel Kocher, die Induktion nutzen. Damit entfällt die zweijährige Gasprüfung. Oder wie wäre es mit elektrischer Fußbodenheizung? Auch die gibt es bei E-Campern.

 

Vorurteile und Realität

Christian Schlüter ist ein begeisterter E-Camper und berichtet auf Facebook und Instagram unter @Busroadtrips. Nach 41 Ländern und 120 000 Kilometern ist ihm klar: E-Camping ist ein Gewinn.

Mein Lübecker: Sie waren schon lange Camper, bevor Sie aufs E-Camping gewechselt sind. Was waren Ihre Gedanken bei diesem Umstieg?
Christian Schlüter: Ich bin zum E-Camping gekommen, weil mich der ID Buzz in seinen Bann gezogen hat. Da ich schon Bullifahrer war und mein Motto „Ein Auto ohne Bett ist kaputt“ lautet, wollte ich rausbekommen, ob man dieses Freiheitsgefühl auch mit dem neuen elektrischen Modell erleben kann.

ML: Müssen Sie Reisen jetzt anders planen?
Schlüter: Das war eines der Vorurteile. Man müsse genau planen, an jeder Ladesäule stundenlang warten, die meisten seien eh kaputt, und außerdem gäbe es fast keine Ladepunkte. Beim Reisen war von Anfang an wichtig für mich, dass ich genauso fahre wie bisher. Ohne große Planung – und geschlafen wird natürlich im Bulli. Bei dem Überwinden langer Strecken hilft mir das eingebaute Navigationssystem, das mir automatisch die Ladestopps einplant. Dabei kann ich meine eigenen „Angstparameter“ eingeben, also wie viel Restreichweite man beim nächsten Ladestopp im Akku haben möchte.

ML: Also hat sich das Reisen nicht sehr verändert?
Schlüter: Nicht wirklich. Ich fahre einfach drauflos, denn es gibt inzwischen deutlich mehr Ladesäulen, als der Stammtisch behauptet. Mit denen kommt man schon sehr gut durch Europa.

ML: Gab es auf Ihren Reisen eine Art Aha-Erlebnis, bei dem Sie sich dachten, so toll ist E-Camping?
Schlüter: Ganz viele. Etwa die Erkenntnis, dass eine Pause keine Fehlkonstruktion ist und nicht nur dem Fahrzeug, sondern auch einem selber Energie gibt. Und jedes Elektrofahrzeug kann im Stand heizen und kühlen. Ich möchte auch die Ruhe im Fahrzeug anführen. Es ist entspannend, weder Motorengeräusche zu hören noch die Vibration eines Motors zu spüren.

Fotos: Pössl, Aktivcamper, Alpincamper, Christian Schlüter, Salty Blue, Tonke

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