Bewerber kommen mit KI schneller zum Ziel, sofern sie einige Regeln beachten. Wie Sie die Generatoren aus dem Netz für den Lebenslauf und das Anschreiben optimal nutzen und Fehler vermeiden.
Text: Eva Neuthinger
Ein Selbsttest: Ich möchte mich als Verkäuferin bewerben. Chat-GPT weiß, was zu tun ist: „Es ist wichtig, deine Stärken und Erfahrungen in deinem Lebenslauf und Anschreiben hervorzuheben. Zeige, dass du freundlich, kommunikativ und serviceorientiert bist – Eigenschaften, die im Verkauf sehr geschätzt werden. Wenn du möchtest, kann ich dir gern bei der Erstellung deiner Bewerbungsunterlagen oder bei der Vorbereitung auf ein Vorstellungsgespräch helfen. Viel Erfolg bei deiner Bewerbung!“
Ja, gern. Bitte hilf mir beim Anschreiben. Chat-GPT meldet: „Natürlich, ich helfe dir gern! Hier sind einige wichtige Punkte, die du beachten solltest:
- Persönliche Anrede: Finde den Namen des Ansprechpartners heraus.
- Einleitung: Stelle dich kurz vor und erkläre, warum du dich interessierst.
- Motivation: Erkläre, warum du gut zu dem Unternehmen passt. Betone deine Freude am Umgang mit Kunden, deine Kommunikationsfähigkeit und deine Serviceorientierung.
- Erfahrungen und Fähigkeiten: Nenne relevante Erfahrungen oder besondere Fähigkeiten wie Organisationstalent oder Fremdsprachenkenntnisse.
- Abschluss: Bedanke dich für die Möglichkeit, dich vorzustellen. Zeige Bereitschaft zum persönlichen Gespräch.
- Freundlicher Ton: Bleibe stets höflich und freundlich.“
Dann folgt ein Beispiel für den Anfang: „Sehr geehrte Frau Müller, mit großem Interesse habe ich Ihre Stellenanzeige als Verkäuferin gelesen und möchte mich hiermit um die Position in Ihrem Team bewerben. Ich bringe Freude am Umgang mit Kunden, eine ausgeprägte Serviceorientierung und Erfahrung im Einzelhandel mit.“ So geht es Schritt für Schritt, bis die Bewerbung fertig ist.
„Als Arbeitnehmer kommt man an künstlicher Intelligenz nicht mehr vorbei. KI gehört inzwischen zum klassischen Bewerbungsprozess dazu. Mit den entsprechenden Tools kommt man zu einem guten Ergebnis“, betont Anna Lüttgen, Director Talent Delivery Germany & Cemea der Personalberatung Hays in Hamburg.
Schneller ans Ziel kommen
Welche Vorteile aber bringt die KI den Aspiranten? Nach einer Studie des Trendence-Instituts, das alle zwei Monate Tausende Menschen befragt, will die große Mehrheit durch den Einsatz der KI vor allem schneller ans Ziel kommen. „Die KI hilft insbesondere am Anfang des Bewerbungsprozesses“, sagt Robindro Ullah, Geschäftsführer des Berliner Instituts.
Wie aber geht man beim Verfassen der Bewerbung vor? Bekannte Plattformen wie Chat-GPT, Claude oder Deepseek erstellen in Sekunden Textbausteine für Lebenslauf und Anschreiben. Zudem helfen sie bei der Suche nach Stellenangeboten. Sie können aber zum Beispiel keine fertigen, grafisch ansprechenden Lebensläufe produzieren.

Das leisten spezialisierte, KI-unterstützte Lebenslaufgeneratoren, die visuell ansprechende Vorlagen erstellen, etwa Canva, Zety, Novorésumé oder Lebenslauf.com. Teilweise machen sie nur die Gestaltung, aber immer häufiger auch die Texte. Bei dem jeweiligen Anbieter gibt man seine Daten und die beruflichen Stationen sowie Qualifikationen ein. Im besten Fall kann man eine Word-Datei hochladen; die KI liest die Informationen aus und entwirft den Lebenslauf. Der enthält vermutlich noch Lücken, aber er dient als Basis für die individuelle Lösung.
„Die KI macht dafür Vorschläge“, so Lüttgen. Man kann im Chat angeben, was man haben möchte, und so entwickelt sich die Selbstdarstellung sukzessive. „Die KI adaptiert die eigenen Anpassungen und arbeitet danach. Als ob man seinen eigenen Bewerbercoach hätte“, betont Lüttgen. Am Ende steht eine visuell der Norm entsprechende und inhaltlich ansprechende Fassung in Form einer PDF-Datei. „Man sollte sich Zeit nehmen und einfach mehrere Versionen ausprobieren“, rät sie.
Den einen führenden Anbieter für KI-Bewerbungen gibt es in Deutschland nicht. „Man sollte mehrere ausprobieren. Sie sind zwar alle ähnlich, aber jeder Anwender hat seine eigenen Präferenzen und Vorstellungen. Man kann keine Empfehlung geben“, erläutert die Expertin. In vielen Fällen ist die Nutzung der Angebote in einer Basisversion kostenlos. Will man mehr, fallen meist Kosten an.
Angepasste Anschreiben
Genauso funktioniert das mit den Anschreiben. Auch hier gibt es neben den Standard-Chatbots auch Speziallösungen wie Cover Letter GPT. „Man kann der KI sagen, dass man sich bei einem bestimmten Arbeitgeber bewerben möchte, und dessen Website eingeben“, so Lüttgen. Die Technik erkennt die Wortwahl der Internetseite der Firma und übernimmt sie im Anschreiben. Die Bewerber verschaffen sich damit einen Vorteil, „wenn Recruiter sich direkt angesprochen fühlen und ihnen die Begriffe bekannt vorkommen. Das ist sicher subtil, kann aber eine positive Grundhaltung erzeugen. Man sollte es nur nicht übertreiben“, empfiehlt Lüttgen.
„Interessenten können sich mit KI auf Jobinterviews vorbereiten – die KI fungiert als kostenloser Coach“
Man sollte sich allerdings die Arbeit machen, den Vorschlag des KI-Chatbots in eigenen Worten anzupassen. Die KI wählt gern feste Formulierungen. Die Texte wirken häufig zu glatt, generisch und enthalten typische Füllwörter. Das fällt auf. Ziel jeder Bewerbung sollte es sein, sich authentisch zu präsentieren. Ohne Eigenleistung geht es daher nicht.
Bewerber können Tools wie etwa jene von Kununu darüber hinaus dafür verwenden, sich ein realistisches Bild vom potenziellen Arbeitgeber zu machen. „Außerdem haben Interessenten die Möglichkeit, sich auf Jobinterviews vorzubereiten. Die KI fungiert als kostenloser Coach“, sagt Lüttgen. Interview Warmup von Google ist so ein Service.
Zurückhaltung bei vielen Firmen
Bei den Unternehmen wiederum formuliert KI für die Personalabteilungen Stellenanzeigen, filtert Schlüsselbegriffe in den Bewerbungen oder trifft eine Vorauswahl, wer weiterkommt. „Überdies unterstützt sie bei Vorstellungsgesprächen sowie bei administrativen Aufgaben und der strategischen Mitarbeiterplanung“, fasst Daria Schaller, Forscherin am Ifo-Institut, zusammen. Allerdings nutzen erst wenige Personalabteilungen KI im Recruiting. Laut einer Bitkom-Umfrage aus dem Jahr 2024 sind es rund 12 Prozent der Firmen, meist größere Unternehmen. Am häufigsten verwenden sie KI für die Vorselektion von Bewerbungen oder Chatbots im Bewerberkontakt.
Im Mittelstand fehlt dagegen die Investitionsbereitschaft. Fehlendes Know-how (62 Prozent), rechtliche Aspekte (48 Prozent), fehlendes Vertrauen (34 Prozent) und fehlende Akzeptanz (25 Prozent) sehen Arbeitgeber als größte Handicaps beim KI-Einsatz. „Sie haben technisch gesehen zu wenig Ahnung. Die meisten der von uns befragten Personalmanager trauen es sich aber zu, mit den Tools zu arbeiten, und wollen das künftig verstärkt“, so Robindro Ullah vom HR-Daten-Institut Trendence.
Dabei wünschen es sich die Bewerber laut Trendence, dass Firmen hier aktiver wären. „Rückantworten oder Terminabsprachen sollten vollautomatisch erfolgen“, meint Ullah. Unterm Strich zeigt sich: KI in der Bewerbung steckt noch in den Kinderschuhen. Allerdings wird hier wohl noch viel geschehen.
Vorsicht, Fehler!
Welche Fehler kann man bei der Bewerbung mit KI machen? Chat-GPT gibt Auskunft.
- Die Bewerbung wird unzureichend an die Stelle angepasst.
- Manche Tools nehmen Sätze aus bestehenden Bewerbungen.
- Bei veralteten Daten erstellt die KI oft verkehrte Inhalte.
- Die KI generiert teils Texte zu Qualifikationen, die beim neuen Job nicht gefragt sind.
- Verwendete Begriffe der Firmenwebsite wirken oft künstlich.
- Kein Fehler der KI, trotzdem problematisch: US-basierte KI-Dienste speichern Daten möglicherweise außerhalb der EU.
„Persönliche Note reinbringen“
Anna Lüttgen, Recruiterin der Personalberatung Hays, gibt Tipps.
Mein Lübecker: Wie nutzen Firmen die KI zur Vorauswahl der Bewerber?
Lüttgen: Die KI kann nach bestimmten Begriffen suchen und etwa filtern, ob jemand einen Führerschein hat. Das sind in der Regel Ja- oder Nein-Anwendungen. Zwischentöne kann die KI noch nicht herauslesen. Es wäre fahrlässig, wenn allein KI-Tools die Bewerberauswahl treffen würden. In Deutschland verlässt sich kein Recruiter allein auf das, was die KI sagt.
ML: Worauf sollten Bewerber beim Verfassen einer Bewerbung achten?
Lüttgen: Recruiter wollen erkennen, warum man sich auf die Stelle bewirbt. Die KI unterbreitet den Bewerbern einen Vorschlag. Man kann sie fragen, warum man passt. 75 Prozent der Arbeit können die Tools übernehmen, den Rest sollte man selbst leisten. Man muss sich den letzten Blick vorbehalten, sonst dürfte die Einladungsquote doch recht niedrig sein.
ML: Kann es schaden, die KI im Bewerbungsprozess einzusetzen?
Lüttgen: Nein. Die meisten Personaler gehen davon aus, dass Bewerber sie heute nutzen. Nur wenn man sich keine Mühe gibt, eine persönliche Note zu bringen, kommt das schlecht an.
ML: Wie wichtig ist das Anschreiben?
Lüttgen: Wenn es der Traumjob ist, der Arbeitgeber erste Wahl ist oder man sich an einem Arbeitsplatz entwickeln möchte, sollte man das in der Bewerbung klar darstellen. Wer das überzeugend tut, holt die Recruiter ab.
Fotos Adobe Stock, Anna Lüttgen